LIwJ-Newsletter, April 2018

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LIwJ-Newsletter vom April 2018  

 

"Internationale Tagung zu Störung des Sozialverhaltens"
 



Die LIwJ ist eine deutschschweizerische Arbeitsgruppe der Leitungen von Institutionen für weibliche Jugendliche.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website
www.liwj.ch

   

Liebe Leserin, lieber Leser

Die Arbeitsgruppe LIwJ hat sich zum Ziel gesetzt zweimal im Jahr einen Newsletter mit aktuellen Themen rund um die Arbeit mit weiblichen Jugendlichen an ein interessiertes Fachpublikum zu versenden.

Hier folgt der LIwJ-Newsletter vom April 2018 mit dem Schwerpunktthema



Internationale Tagung zu Störung des Sozialverhaltens:
Erste Ergebnisse der FemNAT-Studie


Eine von der Europäischen Union geförderten Studie (siehe www.femNAT-cd.eu) hat die zugrundeliegenden Mechanismen von Störungen des Sozialverhaltens (SSV) bei Mädchen und jungen Frauen (9 bis 18 Jahren) erforscht. Obwohl die Diagnose Störung des Sozialverhaltens häufiger bei Jungen als bei Mädchen vorkommt, zeigen betroffene Mädchen in der Regel eine vergleichbar schwere Ausprägung hinsichtlich ihrer Aggressivität wie Jungen. Was die Forscher der EU Studie jedoch zeigen konnten, ist, dass Mädchen mit aggressiven und antisozialen Verhaltensweisen im Vergleich zu Jungen zudem ein bedeutend höheres Risiko für Angststörungen, Depression und posttraumatische Belastungsstörungen aufweisen. Die Häufigkeit, an einer Depression oder Angststörung zu erkranken, liegt bei Mädchen mit einer SSV bei bis zu 70% und damit ist das Risiko bei ihnen weit mehr als doppelt so hoch im Vergleich zu Mädchen ohne einer Aggressionssymptomatik. Wir können also von einem „Geschlechterparadox“ sprechen, sagen die Forscher. Das heisst, obwohl SSV bei Mädchen seltener vorkommen als bei Jungen sind Mädchen insbesondere durch zusätzliche psychische Schwierigkeiten stärker beeinträchtigt als Jungen. Auf der internationalen Konferenz am 26. Januar 2018, an der die Forscherinnen und Forscher ihre ersten Ergebnisse zu neurobiologischen und psychosozialen Mechanismen von Störungen des Sozialverhaltens präsentierten, wurden in der Podiumsdiskussion auch Massnahmen diskutiert, die einem ungünstigen Entwicklungsverlauf entgegenwirken können. Betont wurde, dass sowohl therapeutische als auch pädagogische Behandlungsoptionen auf die spezifischen Risiken von Mädchen und Jungen angepasst werden sollten, auch in der stationären Jugendhilfe. Professor Sigrid James, eine internationale Expertin zu Fragen der Wirksamkeit von Jugendhilfemassnahmen, machte sich insbesondere für den Ausbau familienähnlich ausgerichteter Institutionen stark. Sie unterstrich auch, dass mittlerweile eine gute Studienlage vorliege, welche Behandlungskonzepte wirksam sind und bei Jugendlichen mit Verhaltensschwierigkeiten positive Entwicklungsverläufe begünstigen.
Wünschenswert sei deshalb die weitere Implementierung der als wirksam erwiesenen geschlechtsspezifischen Konzepte in die Jugendhilfe.
 

Verfasst von: Prof. Dr. phil. Dr. med. Christina Stadler, Leiterin der Forschungsabteilung der KJPK, Basel.
Literatur: Sigrid James (2017) Implementing evidence-based practice in residential care: How far have we come. Residental Treatment for children and youth, 34, 155-175.



Beste Grüsse

Arbeitsgruppe LIwJ
 
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